Aufgewertet

Es ist allgemein bekannt, dass unterschiedliche Materialien auf Umwelteinflüsse verschieden reagieren. Kälte zieht zusammen, wärme dehnt aus. Und wenn Feuchtigkeit dazukommt, sieht es noch wieder anders aus. Das sollte ein Architekt wissen, in diesem Fall war es eine Architektin, und ein Bauträger und seine Angestellten sollten das auch wissen. Sowas lernt man schon in der Schule. Dazu ist kein Studium notwendig.

Wenn also unterschiedliche Materialien aufeinandertreffen, muss Vorsorge getroffen werden, dass nicht dazu kommt, was im Elbe-Penthouse passiert ist: Risse!

Badezimmer vorher


Wohnzimmer vorher

Zur Erklärung: Die Dachkonstruktion ist aus Holz, die Decken innerhalb der Wohnungen sind aus Gipskarton. Die Wände sind logischerweise gemauert und verputzt – also 2 unterschiedliche Materialien, die direkt aufeinandertreffen. Nach etwa einem Jahr im Elbe-Penthouse stellten wir fest, dass da, wo die Dachkonstruktion auf die Wände trifft, nämlich in den Winkeln Decke/Wand, Risse entstanden, die zum Teil 5 mm stark waren. Bei unseren Nachbarn waren die sogar so gross, dass von einem Zimmer zum anderen das Licht durchschien. Dies ist ein unmöglicher Zustand bei einem Objekt, dass mehr als 200.000 Euro gekostet hat. Und das wollten wir uns natürlich nicht gefallen lassen. Sowas ist ein Baumangel. Andernfalls hätte man uns darauf hinweisen müssen, dass solche Risse entstehen könnten. Setzrisse sind von der Gewährleistung ja auch ausdrücklich ausgenommen.

Wir schrieben also an den Bauträger mit der Bitte um Abhilfe. Nach mehreren Erinnerungen kam es Anfang letzten Jahres bei uns zu einer Ortsbesichtung der beteiligten Gewerke. Es war allen klar, dass da was falsch ist, und zwar das:

Bei dieser Konstruktion hätten erst die Wände verputzt und danach die Decken einghängt werden müssen, nämlich so, dass die Decken so tief hängen damit die oberen Ränder der Wände oberhalb der Decken enden. Hier hat man erst die Decken fertiggestellt und dann die Wände gegengeputzt. Da wir in der Bauphase ständig vor Ort waren und alles fotografisch dokumentiert hatten – damals ohne zu wissen, wozu das mal gut sein könnte – konnte der Fehler bewiesen werden.

Aber es passierte, trotz Erinnerung, nichts. Anfang diesen Jahres wurde uns und unseren Nachbarn die Sache zu dumm. Wir beauftragten einen Sachverständigen, sich der Sache anzunehmen. Der stieg auf einen Stuhl, schaute sich die Risse an und sagte uns, dass das ein Baumangel ist. Wenige Stunden später hatte ich einen Musterbrief per Email erhalten. Am nächsten Tag wurde dieser abgeschickt. Und schon 2 Tage später hatten wir eine positive Reaktion: Die Risse würden mit Leisten abgedeckt werden. Es folgte ein Termin mit einem Maler, der die benötigten Längenmeter feststellte (es sind über 100 m) und 2 Musterleisten zurückliess.


Badezimmer nachher


Wohnzimmer nachher

Und dann endlich war es soweit, dass die Risse verschwanden. D.h. eigentlich sind sie ja noch da, aber sie sind sehr ordentlich kaschiert. Durch die Leisten hat die Wohnung optisch gewonnen. Aber ich schau nun gar nicht mehr hin. Vorher wurde mein Blick magisch von den Rissen angezogen und ich ärgerte mich immer. Nun, da sie nicht mehr zu sehen sind, ist alles in Ordnung. Und nur gelegentlich schau ich noch hin, aber jetzt ist es ein erfreulicher Anblick. Das Elbe-Penthouse hat durch die Leisten definitiv eine Auwertung erfahren. Und wir haben keinen Cent dazugezahlt.

3 Gedanken zu „Aufgewertet

  1. Roland

    Was hätte der Bauverantwortliche getan, wenn Euch die Stuckleisten nicht gefallen hätten?

    Der muss ja von Glück reden, dass Euch das gefällt.

    (zu unserem Baustil würde das keinesfalls passen).

    Antworten
  2. Roland

    Technisch gesehen hätte man hier die Verbindung Wand/Decke nicht verspachteln dürfen, sondern einfach ein Malerkreppband einlegen, abschneiden und mit Acryl vergiessen müssen.

    Wir standen auch vor dem Problem, haben das aber rechtzeitig erkannt und von der Trockenbaufirma richtigstellen lassen.

    Meist wissen die Firmen was zu machen ist – aber da es ein höherer Arbeitsaufwand ist, verzichten die meisten drauf und hoffen, dass die Risse erst nach der Gewährleistungsfrist auftreten …

    Antworten
  3. Hans-Georg

    Unser Stil geht ja ins mediterrane – und da passt das recht gut. Tja, was er sonst gemacht hätte weiss ich auch nicht.
    Das Ding mit den Rissen ist, dass sie im Winter grösser sind als im Sommer. Wahrscheinlich liegt das an der Dachkonstruktion aus Holz, die sich je nach Jahreszeit und Temperatur zusammenzieht oder ausdehnt.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar zu Roland Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert